DER STOCKALPERWEG
Traject Gondo - Simplon Dorf - Brig 35 Km

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Simplon Passhöhe 2006m


Die Berge sind die Leidenschaft des Alpinisten, doch lange Zeit hat der Mensch das Gebirge als feindliche Welt empfunden und deshalb auch alles unternommen, um diese Regionen zu meiden. War das nicht möglich, so versuchte er, den Schrecken “in Grenzen zu halten”, indem er über die am wenigsten abweisenden Pässe zog. So wurde der Weg über den Simplon, eine der wichtigsten, die Alpen von Norden nach Süden querenden Routen, schon im Mittelalter regelmässig begangen. In der Folge nahm dieser Passverkehr immer stärker zu. Schliesslich liess der wohl bedeutendsten Persönlichkeit des Wallis Kaspar Jodok von Stockalper im 17. Jahrhundert die Strecke zu einem durchgehenden Saumweg ausbauen und schuf damit die am wenigsten beschwerliche Route für den Warentransport zwischen Lyon und Mailand. Kürzlich hat das Inventar historischer Verkehrswege der Schweiz (IVS) im Rahmen seiner Arbeiten diese Route freigelegt. Seitdem ist ein guter Teil ihres Verlaufs markiert und ermöglicht eine ebenso schöne und abwechslungsreiche wie historisch interessante Wanderung.

ALLGEMEINE INFORMATIONEN

© L.A.W.V.VIA-VIA An sich führt der Stockalperweg von Brig nach Gondo, aber man kann ihn ebenso gut in umgekehrter Richtung begehen. Wir haben das denn auch getan, und zwar aus Gründen der Sonneneinstrahlung: Wählt man den Weg von Süden nach Norden, so hat man die Sonne meist im Rücken und nicht im Gesicht. Wer kräftig ausschreitet, kann die insgesamt 35 km mit ungefähr 2000 m Höhendifferenz im Aufstieg durchaus in einem Tag bewältigen. Das zwingt aber dazu, der kulturellen Seite des Weges keinerlei Aufmerksamkeit zu schenken, was ihn des Wesentlichen seines Charakters berauben würde. Man rechne also zwei Tage, besser drei, wenn man sich auch für weniger spektakuläre Details interessiert.

Es gibt entlang der ganzen Strecke Übernachtungsmöglichkeiten, und im Zweifelsfall kann man auf die Dienste der Postautos zurückgreifen. In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, dass schon um 1870, auf dem Höhepunkt der Postkutschen-Ära, täglich vier Fahrten in jeder Richtung geführt wurden. Umspannorte waren Brig, Berisal, der Simplon und Iselle; für diesen Passverkehr mussten 150 Pferde gehalten werden. Die Wiederherstellung und Markierung des Stockalperweges zwischen Gondo und der Furggu ist fertiggestellt. Ihr Abschluss wird an der heutigen Situation zwischen Zwischbergen und der Furggu nicht viel ändern, sie aber zwischen Gondo und Zwischbergen erheblich verbessern, denn dann kann man von Hof an auf der geographisch rechten Seite des Grossen Wassers gehen und vermeidet so 3 km Asphaltstrasse.

1. ETAPPE

Gondo (850m) - Goldminen - Zwischbergen (1300m) - Furggu (1862m) - Gabi (1228m) - Simplon Dorf (1472m)

Aufbruch in Gondo (830 m) an einem Septembertag in der Morgenkühle. Das Dorf wurde am 14. November 2000 durch einen riesigen Erdrutsch mit 18 Toten getroffen. Die ersten Sonnenstrahlen streifen gerade das Dorf und den es überragenden Turm, einen Stockalperbau; die nach Zwischbergen führende Steigung liegt noch im Schatten. Der Pfad schneidet die engen Kurven der kleinen Strasse und steigt zwischen Ahornen, Birken und Weiden. Etwas weiter, an dem Hof genannten Ort, stehen am Eingang zum Gelände der einstigen Goldmine sogar einige Nussbäume. Goldminen? Es sind die letzte Spuren eines Traums vom Gold. Ja, sogar die Schweiz hat Ende des letzten Jahrhunderts ihren kleinen Goldrausch erlebt. Im SAC-Clubführer Walliser Alpen 5 berichtet Maurice Brandt in einem kurzen historischen Abriss, dass seit Jahrhunderten an der Nordwestflanke des Camoscellahorns gegraben und Stollen in den Berg getrieben wurden, vor allem, unter dem Einfluss Stockalpers, in den sechziger Jahren des 17. Jahrhunderts. Er erzählt weiter, das Bergwerk habe 1892 einen eigentlichen Höhepunkt erlebt und bis zu 500 Personen - Bergleute, Schmiede, Arbeiter, Maschinisten und Angestellte - beschäftigt. Allerdings wäre, um die Unkosten des Abbaus zu decken, ein Goldgehalt von 22 g pro Tonne Erz nötig gewesen, tatsächlich betrug die durchschnittliche Ausbeute während der ganzen Betriebszeit nur 4,2 g Gold pro Tonne Erz. Das Ende des Unternehmens war also vorauszusehen. 1896 ging die Bergwerksgesellschaft in Konkurs.

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Aus dieser kurzen Glanzzeit sind heute noch einige Mauerreste der Anlage übriggeblieben, vereinzelte Zahnräder und andere Werkteile rosten zwischen Birken im grünen Gras eines stillen Parks. Das Grundstrick ist heute Privatbesitz, die Stiftung Simplon, die den Stockalperweg wiederherstellt, hofft jedoch, ihn dort hindurchführen zu können.

Von den Goldminen an Richtung Zwischbergen (ungefähr 1300 m) beginnt der Aufstieg zur Furggu. Noch etwa 3 km bleibt man auf dem asphaltierten Strässchen, das sich auf dem geographisch linken Ufer des Grosses Wasser genannten Baches hinzieht und das man etwas oberhalb eines kleinen Staubeckens verlässt. Aus dem Laubwald tritt man nun in eine ganz andere Landschaft: ein steiler Südhang, auf den die Sonne brennt, ein Reich der Lärchen. Man steigt auf einem schmalen Pfad, trifft auf einige Alphütten - manche dienen noch ihrer Bestimmung, andere sind in Ferienwohnungen umgewandelt oder verlassen -, wechselt ein paar Worte mit einem Hirten. Nach einem Abstecher in das verführerisch rote Heidelbeerkraut, um sich vergnügt an den Beeren gütlich zu tun, erreicht man die Furggu (1872 m). Auf ihrer breiten Passhöhe weitet sich die sicht und gibt den Blick sowohl in die Höhe als auch in die Tiefe frei. Im Westen taucht nun, sich vor dem Himmel als gewaltige Silhouette abzeichnend, das Fletschhorn auf. Im Norden schweift das Auge zunächst 600 m in die Tiefe und steigt dann von Gabi (1228 m) über Simplon Dorf, das gut zu erkennen ist, entlang der Simplonstrasse wieder nach oben.

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Wir erreichen Simplon Dorf (1472 m), wo die Stiftung Simplon, Ecomuseum und Passwege 1991 gegründet wurde. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, in Zusammenarbeit mit der Bevölkerung die historischen Spuren des Simplonpassweges, seiner Natur- und Kulturlandschaft zu bewaren und damit einen Wander- und Kulturtourismus zu fördern. Dies soll durch die Wiederherstellung und den Unterhalt des Stockalperweges erreicht werden, aber auch durch die Gründung des Ecomuseums im Alten Gasthof in Simplon Dorf, das im Frühjahr 1996 eröffnet wurde. Das Museum zeigt eine Dauerausstellung, in deren Mittelpunkt der internationale Transitverkehr und seine Auswirkungen auf die Geschichte der Region stehen! Hat man zwei Tage für den Stockalperweg vorgesehen, wird man Anfang des Nachmittags zur Öffnungszeit des Ecomuseums (14 bis 17 Uhr) Simplon Dorf erreichen; ein weiterer guter Grund, in Gondo und nicht in Brig zu starten. In Simplon Dorf übernachten wir.

2.ETAPPE

Simplon Dorf (1472m) - Egga (1588m) - Alte Hospiz - Simplon Passhöhe (2006 m)

Die Steigung von Simplon Dorf (1472 m) zum Pass ist sanft, die Landschaft lieblich und abwechslungsreich, dies trotz der Nähe der Hauptstrasse, die aber nicht störend wirkt, sondern eher ein interessantes Zeugnis menschlichen Einwirkens ist. Dieser Abschnitt des Weges ist mehrfach ein echter Saumpfad, einen Meter breit und teils mit flachen Steinplatten belegt, teils mit runderen, tiefer eingesenkten Steinen befestigt. Man steigt zwischen Weiden, überquert in einem Wald das breite Bett des Senggibachs, geht durch den Weiler Egga (1588 m) und denkt dabei an die beiden verheerenden Eisabbrüche vom Rossbodengletscher, die Egga 1577 und 1901 betroffen haben.

Inzwischen hat man unmerklich an Höhe gewonnen und tritt plötzlich, auf etwa 1850 m, zwischen vereinzelten Lärchen auf ein kleines Plateau, einen eigentlichen Balkon. Angesichts dieser horizontalen, ein wenig an tibetische Landschaften erinnernden, kahlen rotbraunen Fläche hält man plötzlich ein. Hinter den hohen, den weg säumenden Erlen taucht bald ein eindrucksvoller sechsstückiger Bau mit Turm und kleinem Glockenstuhl auf: das Alte Hospiz oder - wie man meist sagt - der Alte Spittel. Stockalper liess den Bau auf der Grundlage einer einstigen Johanniter-Niederlassung umbauen und erhöhen. Die beiden unteren Geschosse dienten als Hospiz, Herberge und Lagerräume, die oberen vier waren Stockalper und seiner Familie als Sommerwohnung vorbehalten. Heute gehört der Alte Spittel der Armee; die geschlossenen Türen, das Fehlen jeder Spur von Alltagsleben machen seine eindrucksvolle Eigenart besonders deutlich.

Vorbei an den kleinen Gebäuden von Niwe, die aufgereiht, als betrachteten sie das Plateau, die Wärme des Spätnachmittags geniessen, geht es weiter in Richtung Pass, dessen Nähe das Weiss des Chaltwassergletschers schon ankündigt. Im Nord-Osten, jenseits der Rhone, taucht der Riegel der Walliser Fiescherhörner auf. Auf der Simplon Passhöhe (2006 m) geht der Blick zu der herrlichen Kette der Berner Alpen in der Ferne und, näher, zum im Abendlicht strahlenden Massiv des Fletschhoms im Süden.

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Auch hier steht ein Hospiz. Napoleon plante den Bau dieses Hospizes, und zwar auf der Passhöhe. Diese Lage ist, sowohl was die Sonneneinstrahlung als auch was die Windausgesetztheit angeht, unvergleichlich schlechter als die des Alten Hospizes. Seinen Architekten gelang es jedoch, den unter diesen Umständen bestmöglichen Bauplatz zu wählen. 1801 wurde der Bau begonnen. Doch 1815 kam es zur Niederlage von Waterloo mit all ihren erheblichen Konsequenzen. Für das Hospiz auf dem Simplon bedeutete dies die Einstellung der Bauarbeiten. Erst etwa zehn Jahre später erwarben die Chorherren vom Grossen St. Bernhard den begonnenen Bau und vollendeten ihn entsprechend ihren Bedürfnissen. Heute beherbergen die Chorherren in dem mächtigen Gebäude viele - aber nicht nur - Jugendliche, die Tage der Besinnung suchen, aber auch die herrliche Landschaft und ihre sportlichen Möglichkeiten geniessen. Wir übernachten auf der Passhöhe.

3.ETAPPE

Simplon Passhöhe (2006 m) - Taverna - GanterGrund (1071 m) - Schallberg - Lingwurm - Brig

Beim Aufbruch vom Simplon Pass grüsst in der Ferne das Aletschhorn. Auf dem letzten Abstieg nach Brig geht es durch wunderschöne Landschaftsabschnitte; dem Autofahrer bleiben sie verborgen, denn er fährt in oft grossem Abstand auf der modernen Strasse daran vorbei. Dann verliert man rasch an Höhe, verlässt das Reich der Lärchen und Kiefern, taucht in den Schatten der Tannen und kommt an das Bett der Taferna. Man folgt ihrem Lauf, quert die gleichnamige Alp und erreicht auf 1250 m ein Wegstück, das 1996 instand gestellt wurde. Dazu waren solide Befestigungen - Rundhölzer, Trockenmauern - notwendig.

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Dann geht es zu dem besonnten Weiler GanterGrund (1071 m) hinunter, wo sich der Ganterbach, der Nesselbach und die Taferna zur Saltina vereinigen. Aus diesem idyllischen Amphitheater steigt man die Südhänge des Schallberg hinauf, denn jetzt gilt es, in einer letzten Anstrengung die Saltinaschlucht in der Höhe östlich zu umgehen. Vom Ausgang dieser Schlucht nimmt die Saltina dann ihren Weg hinunter ins Rhonetal. Man steigt in der Hitze, geht unterm leisen Knistern der KiefernnadeIn entlang des Hangs und dann auf dem jetzt breiteren und steinbedeckten Weg hinunter nach Schallberg, Lingwurm ung schliesslich nach Brig. Wenn dort noch Zeit bleibt, kann man den Stockalperpalast und die dem Leben seines Erbauers gewidmete Ausstellung besuchen.

KARTEN UND FÜHRER:

- SLK 1:25 000, Blatt 1309 Simplon
- SLK 1:25 000, Blatt 1289 Brig

- Brandt: Walliser Alpen 5. Vom Strahlhorn zum Simplon. SAC 1993
- Samivel und Norande: Les grands cols des Alpes occidentales. Grenoble 1996
- Imboden: Kasper Jodok von Stockalper, 1609-1691. Sein Umfeld und sein Schloss. Brig 1991
- Bulletin IVS. BUWAL (verschiedene Hefte der Jahrgänge 1988-1994).



Lange Afstand Wandelvereniging "VIA-VIA".

Gegenereerd op 01-02-2002 door C.P.J. Aerssens